Schneemagnolien

 Ich betrachte den Magnolienbaum im Garten des Nachbarn.

Es ist erst wenige Tage her, als er in seiner vollen, üppigen Blütenpracht zur Gänze erstrahlte. In der von allen lebenden Organismen so lange ersehnten warmen Frühlingssonne. Er leuchtete förmlich im Kontrast zum beinahe blendend blauen Himmel.

Jetzt ist er mit Schnee bedeckt. Von Stunde zu Stunde legen sich mehr und mehr Flocken auf die zarten und doch starken rosa Blüten.
Es ist grotesk-schön, wie sie der schweren, weißen Kälte noch stolz zu trotzen scheinen.
Sind sie unwissend oder erhaben darüber, dass sie nach noch einigen weiteren kalten Stunden und Nächten der Last erliegen und erfrieren werden?

Der Anblick macht mich traurig.
Und der Anblick schenkt mir Zuversicht.

Dem Baum gleich spüre ich eine unerwartete Kälte, die mich meiner Blütezeit beraubt.
Ich will es nur noch nicht so recht wahrhaben.
Weil es jedes Mal so lange dauert, wieder neue Blüten hervorzubringen. Und dann ist die Freude daran ja doch nur verhältnismäßig kurz...

Doch so ist der Lauf der Dinge, nicht wahr?
Aufblühen und verblühen.
Manchmal schneller, manchmal langsamer.
Du verlierst etwas und lässt Neues wachsen.
Denn wenn du es nicht tust, bist du nicht mehr lebendig.

Es ist so anstrengend zuweilen.
Und doch so natürlich und gut und richtig.
Nur bin ich noch nicht soweit.
Wann?
Wie?
Und vor allem: wofür?

Schneemagnolien.
Eine Laune der Natur.
 

Kommentare

  1. Die Gedanken sind frei, sie kommen… und gehen.
    Wir suchen nach Sinn, und suchen...und suchen.…
    Doch Stille und Schweigen ist all was wir sehen…
    Wir träumen von Erfüllung,... wir spüren die Leere.
    Ein Auf und Ab der Gefühle, tagein, tagaus.
    Wir wollen eine Antwort, auf Teufel komm raus.
    Sind wir bereit „Gefunden“ zu rufen?
    Das Alte muss weg..., befreit…., zu nichts gebunden…
    Dann kann ich im Walde gehen, so für mich hin
    Und nichts zu suchen, das wird mein Sinn…
    Anstatt zu finden werd‘ ich gefunden.

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